BUCHHOLZ, JOHANN SIMON
*27.09.1758 in Schloßvippach/Thüringen, †24.02.1825 in Berlin
∞ 25.11.1788 in Brandenburg/Havel mit Dorothea Sophia Meier (jüngste Tochter des Brandenburger Buchbinders Johann Anton Peter Meier)
Sein Werdegang als Orgelbauer führte ihn zunächst zu Adam Heinrich Rietz nach Magdeburg in die Lehre, danach als Mitarbeiter zu seinem späteren Schwager Johann Wilhelm Grüneberg nach Alt-Brandenburg und schließlich zu Ernst Julius Marx nach Berlin, wo er 1790 eine eigene Werkstatt in der Neuen Grünstraße 6 gründete. Auf technischem Gebiet machte er sich u. a. als Erfinder einer Oktavkoppel verdient, welche während des Spiels benutzt werden konnte. Daneben gewann er seinen Ruf besonders durch ausgewogene Dispositionen und eine edle, sanfte Intonation. Die äußere Gestalt seiner Werke verrät den Einfluss Carl Friedrich Schinkels, dessen sakrale Innenarchitektur Buchholz stilistisch in seine Prospekte übernahm. Die erste großartige Synthese dieser künstlerischen Begegnung finden wir in der 1817 erbauten Orgel des Berliner Doms, wo sich Schinkel auf eine schlichte Dreigliederung beschränkte, die er noch im selben Jahr an der wesentlich kleineren - ebenfalls von Buchholz errichteten - Orgel in Neuhardenberg wiederholen ließ. Obwohl das Gesamtwerk von Buchholz über 30 Orgeln umfasste, ist im gesamten Land Brandenburg nicht ein einziges komplettes Instrument davon erhalten geblieben, so dass wir die letzten originalen Restbestände als wertvolle Mosaiksteine künftiger Rekonstruktionen hüten sollten. Zu den bedeutendsten unter ihnen gehört der Prospekt in Neuhardenberg, dessen klassizistische Schlichtheit sich auf edle und schöne Weise mit der Architektur des Raumes verbindet. Noch vor wenigen Jahren schien es so, als ob wir auf die ursprüngliche Einheit von äußerer und innerer Gestalt für immer verzichten müssten, weil das alte Werk durch eine Sauerorgel ersetzt worden und dessen Disposition nicht mehr bekannt war. Doch gezielte Forschungen des Verfassers brachten schließlich den erhofften Erfolg und zugleich Ergebnisse hervor, die das Buchholz-Bild, aber auch die Neuhardenberger Orgelbaugeschichte um interessante Einzelheiten bereichern konnten. Das Instrument entstand als Auftragswerk des Fürsten Carl August von Hardenberg unter Mitwirkung des berühmten Carl Friedrich Zelter (Direktor der Berliner Singakademie und Assessor der Königlichen Akademie der Künste) sowie des geachteten Königlichen Schulinspektors und Orgeldisponenten Friedrich Tschockert, deren konzeptionelle „Vorschrift“ am 28. Januar 1817 von Buchholz akzeptiert und gegengezeichnet, im darauffolgenden Kontrakt (08.02.1817) von ihm nochmals bestätigt und dann bis zur Einweihung (19.11.1817) auch so ausgeführt worden ist. Die Orgel vereinigte Merkwürdigkeiten in sich, wie sie in dieser Kombination im brandenburgischen Raum sonst nirgends zu finden sind, weshalb das Werk Einzigartigkeit beanspruchen darf: Zunächst fällt der scheinbare Widerspruch zwischen dem normalen Manual- und dem kleinen Pedalumfang auf, welcher sich bei genauerer Betrachtung als notwendige Platz- und Optimierungsfolge erweist. Unter diesen Gesichtspunkten sind auch die 5 „unechten“ (aus dem Hauptwerk transmittierbaren) Pedalregister zu verstehen. Eine ganz besondere Seltenheit stellt das gambenartige Register Trinuna im Hauptwerk dar, dessen Name interessanterweise auch in der 1745 erbauten weltberühmten Engler-Orgel im tschechischen Olomouc (Olmütz) auftaucht. Noch seltener, wenn nicht gar einmalig, dürfte die labiale Diskantstimme Fama im Oberwerk sein, deren Name sich aus der griechisch-römischen Mythologie herleitet und für die Personifizierung des Hörensagens, des schnell sich verbreitenden Gerüchts steht, das häufig in Form einer geflügelten Figur mit Blasinstrument dargestellt wird, durch das sich Wahres und Falsches verbreiten kann. Wir wissen, dass sich über den Pyramiden neben den Seitentürmen der Berliner Garnisonorgel Joachim Wagners je eine Fama befand, die sowohl ihre Trompete an- und absetzen als auch beim Paukenspiel flügelschlagend bis auf die Höhe der Pyramidenspitze herabgelassen werden konnte. Weiterhin ist in Neuhardenberg das Fehlen kompletter Prinzipalpyramiden sowie klassischer Klangkronen bermerkenswert, was einmal mehr dafür spricht, dass nicht so sehr Kraft, sondern Klangschönheit, -reichtum und Kammermusikfähigkeit beabsichtigt war, worauf auch die gewählte Stimmung im Kammerton des Königlichen Orchester hinweist.
Labium-Archiv Berlin / Bergelt, Wolf: Die Mark Brandenburg - eine wiederentdeckte Orgellandschaft, Berlin 1989 / Bergelt, Wolf: Orgelreisen durch die Mark Brandenburg, Berlin, 2016 (3. Auflage) / Fischer, Hermann: 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbaumeister, Lauffen, 1991 / BLHA Potsdam: Rep 37 Hardenberg 741 / GStA Berlin-Dahlem: VI. HA NL Hardenberg 1038
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