GRÜNEBERG, JOHANN WILHELM FRIEDRICH


*1751 in Zerbst, †21.08.1808 in Brandenburg/Havel an „Nervenfieber“
Vater: Philipp Wilhelm Grüneberg, Orgelbauer und Organist in Belgard/Hinterpommern
∞ 25.01.1776 mit Maria Dorothea, geb. Dahlbritz, Brandenburg (†11.07.1779)

∞ 1779 mit Johanna Sophie, geb. Meier (†24.02.1830)
Bruder: Georg Friedrich Grüneberg (*13.12.1752, †22.10.1827), seit 1782 Orgelbauer in Stettin
Kinder: 3 Töchter aus 1. Ehe, 4 Töchter und 1 Sohn aus 2. Ehe

 

Der Orgelbauer gilt als einer der bedeutendsten „Enkelschüler“ Jochim Wagners (Berlin). 1775 ließ er sich in Brandenburg nieder, wo er mit der einzigen hinterbliebenen Tochter des einstigen Ratsmaurermeisters Johann Dahlbritz „im Hause copulieret“ wurde. Sie stammte aus dritter Ehe und war 22 Jahre alt. Im Trauregister wird Herr „Johann Wilhelm Grüneberg, Orgelbauer und Instrumenten-Macher allhier“ als ältester ehelicher Sohn seines Vaters bezeichnet. - Seine offizielle Bürgerschaft in Brandenburg begann am 22. Januar 1778, wobei er als Käufer des Dahlbritzschen Hauses „an der Closterstr. B.“ erscheint und „als ein Fremder und Ausländer nichts erleget“ hat. Die Ehe war vom wiederholten Unglück gekennzeichnet: nachdem Grüneberg alle drei Töchter jeweils kurz nach der Geburt verloren hatte, musste er auch den Verlust seiner Frau beklagen, die der Schwindsucht zum Opfer fiel. Noch im selben Jahr entschloss er sich erneut zur Heirat. Die Frau seiner Wahl war „Herrn Johann Peter Anton Meiers, eines hiesigen Bürgers und Buchbinders 2te eheliche Tochter so 26 Jahre alt.“ Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor. Und wieder musste Grüneberg zweimal trauern, als 1789 die siebenjährige Johanna Caroline und zwei Jahre später Catharina Louisa im Alter von drei Jahren verstarben. So blieben ihm die Geschwister Wilhelmine Elisabeth (*19.11.1784), Johanna Sophia (*23.7.1786) und Johann Carl Wilhelm (*8.1.1781), der 27jährig die Nachfolge seines Vaters antrat, allerdings ohne sich auf den Orgelbau einzulassen, weil der Klavierbau einträglicher war und ein bodenständigeres Leben erlaubte. - Die Grünebergs gehörten zu den führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Stadt. Das wird einerseits an den noch vollständig erhaltenen repräsentativen Wohn- und Werkstattgebäuden, dem 1723 errichteten „Freyhaus“ (ursprünglich Ritterstraße 158, jetzt Hauptstraße) deutlich, geht aber auch aus der Ausübung öffentlicher Ämter hervor. 1813 tritt der (wahrscheinlich unverheiratete) Sohn Wilhelm Grünebergs im Alter von 32 Jahren als gewählter Stadtrat in Erscheinung. 1858 führt ihn das städtische Adress-Buch als Stadtältesten und Rentier - gemeinsam mit seiner Schwester, Frl. Rentiere Grüneberg - immer noch als Bewohner der Nr. 158 in der Ritterstraße auf. Die Frau seines Vaters überlebte ihren Mann um 22 Jahre und starb „an Entkräftung“, nachdem auch sie zuweilen im öffentlichen Leben Brandenburgs mitgewirkt hatte. Ihre Schwester, Dorothea Sophia, war am 25. November 1788 die Ehe mit dem wohl genialsten Schüler Johann Wilhelm Grünebergs, dem späteren Berliner Orgelbauer Johann Simon Buchholz, eingegangen. Beide wohnten der Taufe von Grünebergs 5. Kind in dessen Wohnhaus als Taufzeuge bei und waren auch sonst gern in Brandenburg zu Gast. Dass es für Buchholz keinen Zweifel an der Meisterschaft seines Lehrers gab, geht aus einer brieflichen Geste von 1813 hervor. Dazu aufgefordert, eine zum Verkauf bestimmte Orgel Grünebergs zu begutachten, sparte er sich die Reisemühen und schrieb an den potentiellen Käufer: „Was die Orgel betrifft, die in der kleinen Kirche (St. Johannes) zu Brandenburg gestanden hat, kenne ich zwar nicht. Ich bin aber überzeugt, daß diese gut ist, denn mein verstorbener Schwager Grüneberg lieferte gute Arbeit, und der Preis ist daher wohl nicht zu hoch bemessen.“ Wie sehr Grüneberg noch in der Tradition Wagners stand, lässt sich besonders gut an der Disposition des 1800 entstandenen Werkes für die Catharinen-Kirche zu Magdeburg ablesen:

         
Hauptmanual (I)
C-c3      
Principal 8'   von englischem Zinn, im Gesicht
Bordun 16'   2 Oktaven von Holz und 2 von Metall
Rohrflöte 8'   von Metall  
Quintadena 8'   dito  
Violdigamba 8'   von Probezinn  
Gedakt 8'   von Metall  
Octave 4'   von Probezinn  
Quinte 3'   dito  
Octave 2'   dito
Mixtur 1 1/2' 4f.   von Probezinn  
Dulcian 16'   von Metall  
         
Obermanual        
Principal 8'   von englischem Zinn, im Gesicht
Quintadena 16'   von Metall  
Salicional 8'   die tiefste Octave Metall, sonst Probezinn
Gedakt 8'   die tiefste Octave von Holz, sonst Metall
Octave 4'   von Probezinn  
Rohrflöte 4'   von Metall  
Nassat 3'   von Metall  
Waldflöte 2'   von Metall  
Mixtur 1 1/2' 4f.   von Probezinn  
Trompete 8'   dito  
         
Pedal C-d1      
Principal 16'   von englischem Zinn, im Gesicht
Violon 16'   von Holz  
Subbass 16'   Von Holz gedeckt  
Gemshorn 8'   von Probezinn  
Quinte 6'   von Metall  
Octave 4'   von Probezinn  
Posaune 16'   von Holz  
Trompet 8'   von Probezinn  
         
Das Instrument ist nicht erhalten.

Labium-Archiv Berlin / Bergelt, Wolf: Orgelreisen durch die Mark Brandenburg, Berlin 2016 (3. aktualisierte und verbesserte Auflage)