VOIGT, KARL GUSTAV ARNO (und Nachfolger)


Der Firmengründer Karl Gustav Arno Voigt
Der Firmengründer Karl Gustav Arno Voigt

Die Wurzeln der in Bad Liebenwerda ansässigen Firma reichen bis zu Christian Friedrich Raspe (*1822, †18.01.1892) zurück, der dort (1855) eine eigene Werkstatt gründete, nachdem er zuvor bei Conrad Geißler in Eilenburg und in dessen Auftrag um 1852 an der Liebenwerdaer St. Nikolaikirche gearbeitet hatte. Raspes treuste und tatkräftigste Mitarbeiterin war Johanne Luise Charlotte Voigt (*05.04.1840, †12.01.1916), die Mutter von Arno Voigt (1876 Burkersdorf, †1930 Liebenwerda), der Raspes Nachfolger werden sollte, zunächst 1890 – durch Vermittlung Raspes – in seinem Heimatort eine Tischlerlehre bei Wilhelm Hentschel aufnahm und sich dem Klavier- und Geigenspiel widmete, 1894 - auch durch frühere Fürsprache Raspes - eine Orgelbauerlehre bei Conrad Geißler (Eilenburg) begann, sich anschließend (1895-1898) bei Wilhelm Rühlmann in Zörbig betätigte und nach seiner Militärdienstzeit weitere fünf Jahre in der Orgelbauanstalt Schlag & Söhne im schlesischen Schweidnitz arbeitete. Noch während dieser Zeit konnte er mit Hilfe seiner Mutter, die Raspes kompletten Nachlass und dessen beträchtliches Vermögen geerbt hatte, 1904 in Liebenwerda mit dem Aufbau einer eigenen Firma beginnen, die er 1905 offiziell gründete. 1914 erhielt Voigt auf der „Allgemeinen Industrie- und Gewerbeausstellung“ (in Liebenwerda) für sein dort ausgestelltes Orgelwerk eine „Goldene Medaille“, während das Unternehmen mit über 20 Mitarbeitern und bis dahin insgesamt 37 neu gelieferten Instrumenten in voller Blüte stand, die noch im selben Jahr mit dem Kriegsausbruch ein jähes Ende fand. 1916 schwer verwundet vom Wehrdienst beurlaubt und schließlich davon ganz befreit, wurde Voigt behördlicherseits nun mit der Beschlagnahme von Prospektpfeifen im Regierungsbezirk Merseburg beauftragt. – Während dieser schweren Zeit begann die Lehrzeit von Arno Voigt jun. (1903-1986), der die Firma im Todesjahr seines Vaters (1930) übernahm und bis zum Kriegsausbruch (1939) mit einer Belegschaft von bis zu 25 Mitarbeitern etwa 80 pneumatische Kegelladenorgeln baute. Wie sein Vater schwer verwundet aus dem Krieg zurückgekehrt, gelang es Voigt jun., den Betrieb wieder aufzubauen und 1961 an seine Söhne Dieter Voigt (*1935) und Giesbert Voigt (*1940) zu übergeben, die sich seitdem auf den Bau mechanischer Schleifladenorgeln konzentrierten, beachtliche Restaurierungsleistungen zeigten und seit 1973 auch Setzersysteme entwickelten. – 1978 wurde die – trotz staatlicher Repression privat weiter geführte – Werkstatt mit dem Titel „Anerkannter Kunsthandwerker“ und 1981 von der einstigen DDR-Regierung für besondere innovative Leistungen ausgezeichnet. In jener Zeit gelang es der Firma auch, Klaviaturen, Orgelgehäuse und später anstelle des sonst üblichen West-Imports sogar eigene Zungenstimmen zu produzieren. – Seit dem Vollzug der deutschen Einheit kam es zu einer erheblichen Erweiterung des unter den Namen „Mitteldeutscher Orgelbau A. Voigt“ firmierenden Betriebes, der 1996 in eine GmbH umgewandelt wurde und jetzt in der vierten Generation von den Brüdern Markus Voigt (*1960), Matthias Voigt (*1967) und Andreas Voigt (*1968) weiter getragen wird. Diese Phase ist besonders von der Entwicklung verschleißarmer Präzisionsteile für die Tontraktur, eines patentierten digitalen Selbstkontrollsystem aller Steuervorgänge in der Orgel, setzerintegrierter Schwellersteuerungen, diverser Spielhilfen und eines Stimmtonreglers mit einer Regelspanne von 20 Cent gekennzeichnet. – Alle Voigt-Instrumente sind von musikalisch-künstlerischer Einheit geprägt, die von den studierten Musikern in der Firmenleitung zur Vollendung gebracht werden. – Die innovative Vielfalt des Unternehmens lässt sich weit zurückverfolgen und schließt auch orgelferne Kuriositäten wie beispielsweise ein 1929 patentiertes Grammophon ein, auf dem man Schellackplatten beidseitig ohne umzuwenden abspielen konnte. Es folgten eine Trakturspannautomatik, ein Entlastungssystem für das gekoppelte (schwergängige) Spiel, die hochdruckpneumatische mechanisch-elektronische Doppelregistratur und das erste elektronische Setzersystem im osteuropäischen Raum.


Labium-Archiv Berlin / Bergelt, Wolf: Orgelreisen durch die Mark Brandenburg, Berlin, 2016 (3. Auflage) / Fischer, Hermann: 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbaumeister, Lauffen, 1991